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Portrait Ursula Karle

 

„Gute Beratung braucht Zeit“: Ursula Karle

Ursula Karle ist Sozialpädagogin und Mediatorin und steht als überzeugte Netzwerkerin mitten im Leben: „Wir sind zuständig für Menschen von Null bis Hundert", sagt sie lächelnd. Wir sitzen in ihrem Arbeitszimmer im Schwabenzentrum in der Eberhardstraße im Sozialamt, genauer im „Pflegestützpunkt". „Wir beraten Menschen - ich interessiere mich für Menschen und ihre Biographien, seien es Stuttgarter, Alte, Junge, Berufstätige, Einsame, Vertriebene, Flüchtlinge oder Menschen mit niedriger Rente, Menschen aus anderen Ländern – alle haben ihre Geschichte, alle können pflegebedürftig werden und Hilfe und Rat benötigen“.

Schwierigkeiten weicht sie nicht aus. Als die heute 60jährige aufs Gymnasium in Schwäbisch Hall ging, war das die „Zeit des Bildungsnotstands auf dem Land“. 1960 war es eine Besonderheit, als Mädchen das Abitur machen zu dürfen. Nach einigen Semestern an der Universität Stuttgart führten ihre Kinder sie auf einen ungeplanten Weg: „Ich wurde hauptberuflich Familienmanagerin, eine sehr schöne Aufgabe." Mit 38 Jahren hat sie an der Hochschule für Sozialwesen in Esslingen Diplomsozialpädagogik studiert und ihren Abschluss zeitgleich mit den Schulabschlüssen ihrer drei Kinder gemacht. Danach arbeitete sie in der Jugendhilfe, seit einigen Jahren beim „Bürgerservice Leben im Alter", eine erstaunliche Einrichtung, die viele Stuttgarter wie ich noch gar nicht kennen. Ursula Karle berät  Gesunde und Kranke, informiert pflegende Angehörige und Pflegebedürftige über mögliche Hilfe und Unterstützung und öffnet die Tür zum „Dschungel“ der Hilfe- und Unterstützungssysteme, der Sozialgesetze. Sie berät neutral und kostenlos - darauf legt sie großen Wert, denn sie ist den Menschen verpflichtet, die bei ihr Rat suchen. „Meist geht es darum, nach einem Unfall, einer Operation oder einer schweren Erkrankung Zeit zu gewinnen und sich mit der neuen Lage auseinanderzusetzen. Wie kann das Leben zu Hause weitergehen? Was braucht er oder sie, was braucht die Familie, um unter den neuen Bedingungen wieder in ein möglichst unabhängiges Leben zu finden? Viele informieren sich beim Pflegestützpunkt der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) im Vor – und Umfeld von Pflegesituationen, um diese Herausforderung vorzubereiten oder als pflegender Angehöriger damit umgehen zu können - neutrale Beratung kann dabei helfen. Die hohe seelische, persönliche und körperliche Belastung der Angehörigen bei längeren Pflegephasen ist stets ein wesentliches Thema in den Beratungsgesprächen.“

Ursula Karle kooperiert mit den zahlreichen  sozialen Beratungsdiensten in der LHS und legt Wert auf Vernetzung und Austausch. „Es gibt das Netz für pflegende Angehörige, das Netzwerk Demenz sowie das Palliativ-Netz Stuttgart. Gemeinsam haben wir einen Veranstaltungskalender für Bürgerinnen und Bürger auf die Beine gestellt. Das war sehr aufwändig - die Kosten hat übrigens die Bürgerstiftung übernommen. Über zwei Jahre haben wir uns in der „Arbeitsgruppe Wegweiser“ getroffen und uns gefragt, wie ein Hilfenetz gestrickt sein muss, damit die Versorgung kontinuierlich ist.“

„Viele Menschen und deren Angehörige fühlen sich alleine, wenn es darum geht, erst einmal die persönlichen Wünsche eines Kranken oder eines plötzlich Pflegebedürftigen wahr zu nehmen und dann Wege zu suchen, wie diese neues Leben“ gestaltet werden könnte. Manchmal brauchen die Familien Beratung, weil sie vor einer ungewohnten Herausforderung stehen. Es beginnt ein Beratungsprozess, bei dem eine gewisse Zeit vergehen kann, bis Menschen Hilfeangebote annehmen können."

Für Ursula Karle ist klar: „Soziale Netze, der Austausch und Kontakt aller Beteiligten sind ungeheuer wichtig, damit man die Angebote und Anbieter in der großen Sozialmaschinerie kennt. Wir können uns  gegenseitig helfen und Impulse geben, uns stützen, denn die Hilfe muss ja am Ende auf den individuellen Bedarf des Einzelnen passen – Standardrezepte greifen nicht, Das bedeutet, jedes Mal neu zu „erforschen“: Was passt zu dem ratsuchenden Menschen in seiner persönlichen Situation, existentiellen Krise  - auch bezogen auf seine kulturelle Herkunft und Biographie mit ihren vielen Nuancen bei Pflege, Alter, Krankheit und Tod."

Doch nicht nur beruflich stehen diese Fragen im Mittelpunkt, auch privat gehören Tod, Abschied und Trauer  zum Leben von Ursula Karle, da ihr Sohn vor einigen Jahren tödlich verunglückte. Er war Bildhauer – seine Skulpturen werden immer wieder in Ausstellungen gezeigt. „Er ist über seinen Tod hinaus sehr präsent, er hat uns viel hinterlassen", sagt Ursula Karle mit klarer Stimme. „Mein Sohn hat uns viel gegeben, auch weil er sich über das Thema Tod und Sterben schon früh Gedanken machte und diese mit uns geteilt  hatte - es werden eben nicht alle Menschen 85 Jahre alt."

„Auch durch diese eigene Erfahrung spreche ich in Beratungsgesprächen „schwere“ Lebensthemen offen und direkt an – was für die Betroffenen wertvoll und erleichternd sein kann. In Lebenskrisen – Pflege, Krankheit, Familienkonflikte, Sterben – ist das Teilen der Belastung, der Verantwortung auf mehrere Schultern wichtig, denn wir haben hier in Stuttgart ein sehr gutes Netz der Hilfesysteme für die Bürgerinnen und Bürger – dazu möchte ich beitragen und weiß diese zahlreichen Netzwerke zu schätzen und zu nutzen.“